Ausgefipst

So sehen Verlierer aus


Wie fängt man einen Text an, der doch eigentlich ein Ende ist? 4,8 Prozent für die FDP hinterlässt bei vielen ein Gefühl der Leere. Die Wahlparty abgesagt, der Witzbold Fipsi und Schnarri abgetreten. Autsch, liebe Liberalen. Das war ein Schlag mitten ins Gemächt.
Doch es war ein erwarteter Angriff auf die empfindlichen Genitalien der gelben Merkeldiener. Sie haben nicht im Wahlkampf versagt, der Wähler hat sie abgestraft. Vor vier Jahren zog die Partei mit Wahlversprechen wie Steuererleichterungen in den Wahlkampf. Am Ende wurde es nur für Hotelbesitzer billiger. Es ist fehlende Glaubwürdigkeit, die eine weitere Partei in Merkels Schatten nicht nur zu Boden gerissen, sondern vollkommen verzehrt hat.

Rot Rot Grün. Eher nicht

Es wird Jahre dauern, das Image der FDP wieder aufzubauen. Die SPD brauchte dafür mehr als 4 Jahre und ist mit ihrem jetzigen Ergebnis 25.07 (+2,7) Prozent noch immer auf dem Weg der Besserung. 46 Abgeordnete dürfen die Sozis nun mehr in den Bundestag schicken. Ein Erfolg. Auch wenn es Peer Steinbrück nicht anzusehen war, als er sich am gestrigen Abend im Willy-Brandt-Haus dem Publikum stellte. Der kantige Politiker hatte das Ziel, Angela Merkel abzulösen. Und ist gescheitert. Da helfen auch keine zwei Prozentpunkte mehr auf dem Konto.
Es war ein verlorener Wahlkampf, in dem Peer Steinbrück der richtige Mann mit den falschen Themen war. Oder die Themen eben den falschen Kandidaten hatten. Definitiv auch eine Fehlentscheidung der SPD. Der Grund dafür könnte jedoch einfach sein: Es wollte sich einfach niemand gegen Angela Merkel stellen. Immerhin drohte von Anfang an der Mühlstein. Und dieser hat nun eben Steinbrück erfasst.
Doch es gibt Hoffnung. Auch wenn davon niemand im Lager links der Mitte etwas hören möchte. Eine Koalition mit der Linkspartei und den Grünen würde den Finger-Peer doch noch ins Kanzleramt befördern (Mehrheit mit 319 Sitzen) - wäre jemand bereit, die Linken anzuhören. Doch das schlossen bereits am gestrigen Abend Spitzen von SPD und Grüne aus. Zu unstet und verwirrt ist ihnen die Linkspartei, die zum ersten Mal auch im Westen Siege erringen konnte.

Wie? Die Grünen haben verloren?

Es sind die Bündnisgrünen die sogar einen neuen Vorstand wollen nach den Wahlen. Die Partei, die sonst herbe Niederlagen als Siege bezeichnet, ist auf dem Boden der Tatsachen angelangt. Pädophilen-Debatte und Weggie-Day haben die Candystormer ins politische Abseits gedrängt. Sie sind hinter den Linken (64 Sitze) mit 63 Sitzen im Bundestag die schwächste Partei. In einer Koalition, egal mit wem, wären sie nur Mehrheitsbeschaffer, aber keine Macher. Doch irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass es der Truppe um Jürgen Trittin egal wäre - solange Ministerämter dabei rausspringen. Bereits kurz nach der Wahl wurden Stimmen laut, die dem Politiker vorwarfen, Eigeninteressen über seine Partei zu stellen. Eine Eigenschaft die man sich eigentlich nur als Mitglied der Union erlauben dürfte.

Mutti mit 40 Prozent

Eine gnadenlose Kampagne, die Angela Merkel über Inhalte stellte und der FDP alle Chancen verbaute, hat Erfolg gehabt. 41,5 Prozent aller Stimmen gingen an Mutti und die anderen Leute, die da irgendwo scheinbar noch mitzumachen scheinen. Die gefalteten Hände, überlebensgroß plakatiert, haben gereicht. Ein Wohlfühlwahlkampf war es, welcher den klaren Auftrag zur Regierungsbildung bescherte. Deutschland geht es gut. 311 Plätze im Bundestag werden in Zukunft von CDU/CSU besetzt werden. Futtertöpfe für gefräßige Politiker. Dass nun ein Gesetz gegen Bestechlichkeit von Abgeordneten erlassen wird, ist nun wieder mehr als fraglich. War es doch die Union, die diesen Vorstoß in der letzten Legislaturperiode blockierte. Und auch Homosexuelle müssen weitere vier Jahre auf eine mögliche Gleichberechtigung warten.
Die einzige Gefahr die Mutti nun drohen kann, ist ihr eigener Machtanspruch. Es gibt niemanden mehr neben ihr. Weder Parteifreunde, noch Koalitionspartner. Konkurrenten wurden demontiert, vernichtet und entsorgt. Die FDP zerfleddert und anschließend ebenfalls mit einem süffisanten Lächeln in die Tonne getreten.
Wer soll also in Zukunft Angela Merkel das Frühstück ans Bett bringen? Jemand mit dem Shirt der SPD, oder doch Jürgen Trittin? Bereit wäre er auf jeden Fall dazu.

Nachdreher aus Dankbarkeit

Ein nicht gefälschter Post der AfD auf Facebook.
Noch einige Sätze zur AfD: Deutschland hatte Glück, dass diese "Alternative" aus Eurokritikern, Rechtsradikalen, Linken Extremisten und einigen verkopften Professoren den Einzug in den Bundestag am Ende doch eindeutig verpasste. Ihrem Chef Bernd Lucke war am Wahlabend die Enttäuschung anzusehen, nun nicht ebenfalls die fetten Gehälter eines Abgeordneten zu kassieren. Er sprach von den Wahlen fürs Europaparlament, an denen die AfD nun teilnehmen wolle. Was dort eine Partei zu suchen hat, die das gesamte Gebilde Europa am liebsten einreißen würde, müssen die Wähler 2014 entscheiden.
Fest steht jedoch, dass der Republik viel erspart geblieben ist. Die Alternative, die keine ist, darf nun außerparlamentarisch arbeiten, zusammen mit der FDP und den "sonstigen". Und wenn Deutschland noch mehr Glück hat, wir die AfD bald so begraben sein, wie die Piraten.
Bernd Lucke selbst wird zumindest in seinem Kellerchen auf den Euro schimpfen. Mit der D-Mark wären seine 4,7 Prozent ganze 9,4 gewesen! (Oder so ähnlich)





Wahlen? Nicht hier im Blog!

Ok. Ja. Uns ist bewusst: Es waren Wahlen in Bayern. Und ja, die CSU hat gewonnen, viele verloren. Man kann hetzen, höhnisch sein und vor allem Horst Seehofer nun viel Erfolg mit seiner PKW-Maut wünschen. Aber das machen wir nicht!

Gut ... noch nicht. Stattdessen warten wir nun einfach ganz geschmeidig die Wahlen am Sonntag ab - und legen dann richtig los! Also: geht wählen und beschert uns ein Ergebnis, um sich darüber lustig zu machen!

Peers magischer Finger



Eine nette Geste von Kanzlerkandidat auf dem Cover des Magazins der Süddeutschen Zeitung: Angesprochen auf seine Spitznamen wie "Problem-Peer" gibt sich Steinbrück ganz cool. Ohne Kommentar zeigt er den erhobenen Mittelfinger. Eine Geste, die in Deutschland und darüber hinaus sehr verständlich ist. Der SZ-Fotograf hält drauf - und löst eine neue Debatte über das soeben erst rehabilitierte SPD-Fettnäpfchen aus.

Gerade hatte Steinbrück noch wie ein Sieger ausgesehen. Im Rededuell mit Kanzlerin Merkel behauptete er sich gut und in der Wahlkampfarena stellte er sich den Fragen des Publikums. Dort wirkte er sogar deutlich besser als die amtierende Kanzlerin, die in diesem Rahmen allen Homosexuellen des Landes verbal den Mittelfinger zeigte. Und jetzt das! Es wirkt fast so, als würde Steinbrück nicht gewinnen wollen.
Wie die Süddeutsche Zeitung heute mitteilte, entschied sich Peer Steinbrück sogar aktiv dazu, den Finger drucken zu lassen. Gegen die Empfehlungen seiner PR- und Presseleute. Fast hört man den kantigen Norddeutschen sagen: "Lebt damit".

Spaß im Internet

Twitter-User Benjamin Nickel @benjaminnickel
brachte diese Perle hervor. 
Natürlich ist dieses Bild auch ein gefundenes Fressen im Internet. Innerhalb von Stunden gab es erste Grafiker, die sich mit Photoshop an die Arbeit machten. Für Peers Finger wurde sogar ein eigener Tumblr-Account eingerichtet, auf dem immer neue Bilder veröffentlicht werden. Und im Kurznachrichtendienst Twitter explodierte für eine Sekunden das Internet. Viele Bilder, manche für Peer Steinbrück, manche gegen ihn, geistern durch das Netz. So ist Steinbrück unter anderem als Rockstar zu sehen, oder aber das inzwischen berühmte Gesten-Plakat der Angela M. in abgewandelter Form. Eine Sammlung der besten "Meme" trugen die Kollegen auf Süddeutsche.de zusammen. 

Kann der Problem Peer jetzt noch Kanzler?

Es hauptsächlich die Union, die sich nun in Empörung übt. Verständlicherweise. Immerhin ist die eigene Basis vom langweiligen Wahlkampf eingeschläfert und in den "Mutti-macht-das-schon"-Modus verfallen. Vor allem die nach letzten Umfrageergebnissen des WDR als vom Tode bedroht FDP sieht hierin eine neue Chance zu profilieren. So nutzte vor allem Generalsekretär Patrick Döring die Gelegenheit am Schopf und beteiligte sich an der regen Diskussion auf Twitter mit einem eigenen Bild. Dieses zeigt ein SPD-Wahlplakat. Mit einem aktuellen Foto des Kanzlerkandidaten Steinbrück. (rechts)
Wenig später wurde dieses Bild von dem wohl der SPDler zugehörigen  @DocHubee gekontert. 


Es ist ein Finger, der Wahlkampf macht.

Vieles hat Peer in den letzten Monaten auf sich geladen. Von der Flasche Wein, die unter 5 Euro "nicht genießbar" sei, den Beleidigungen auf Wahlkampfveranstaltungen und seinen lange umstrittenen Gagen für Reden konnte man vieles lesen. Dass es nun sein ausgestreckter Mittelfinger ist, der im Endspurt der Bundestagswahlen noch einmal durch die Medien geht - es wird ihm nicht helfen.
Vermutlich wollte Steinbrück erreichen, als Macher und starker Mann dazustehen. Doch das will der Wähler nicht sehen. Viele mögen Kanzlerin Merkel mit ihrer abwartenden, ruhigen Art lieber. Ihnen ist es egal, dass sich das Programm der CDU und SPD nahezu nicht unterscheiden. Das zeigen auch diverse Umfragen und Trends. Ein Steinbrück, der ehrlich von (beidseitig geplanten) Steuererhöhungen spricht und Journalisten den Mittelfinger zeigt passt da nicht ins Bild. Ihm würde nur noch Helfen, wenn sich Mutti selbst so in Pose werfen würde. Die passende Kollage gibt es dazu ja auch schon!


Macht sich auch nicht schlecht als Problem-Peer. Kanzlerin Angela Merkel.

Wahlkampf Undercover


Geschmeidig flaniert RTL Mann Peter Kloeppel durch eine nichtssagende Straße. Ihm geht es gut. Gerade hat er im Kanzlerduell bewiesen, was er kann. Im Anzug kommt er daher. Nächste Szene: Kloeppel steht nun am Bahnhof. Er plappert irgendwas von CDU, SPD, FDP und Wahlkampf. Man spitzt die Ohren. Etwas schämt man sich dabei, beim Schmuddelsender gelandet zu sein. Aber ok. Was soll`s. Man will auch einem schwächeren Kind dieselbe Aufmerksamkeit schenken. Es hat es sich genau wie die großen auf dem Spielplatz verdient. Und irgendwie wirkt Kloeppel derzeit auch besonders liebesbedürftig.
Außerdem: Bei aller Fairness, er wirkt auch nur im Vergleich zu Kollegen anderer Sender wie eine Lusche. Im RTL Verbund ist er unangefochten der beste Mann.
Also, um was geht es hier eigentlich? Verwackelte Aufnahmen, schlechter Ton, wenig Auflösung. Aha. Versteckte Kamera. Oder das, was man glauben soll. Sehr nett. Diesmal im Visier der RTL-Profis: die Politik.
Die Sendung lautet Wahlkampf Undercover. Gemeint ist damit, dass RTL irgendwelche Hänschen und Peterchen mit Kameras und Mikros ausgerüstet hat. Diese hat man zu Wahlkampfveranstaltungen geschickt, um Politiker privat zu sehen. Es ist schnell zu erkennen, worum es geht: Politiker privat, die gerne mal einen Wähler verhöhnen. Stimmung machen. Wie es RTL selbst auch immer gerne macht.

Sogar für RTL ein Tiefpunkt

Die Sendung läuft nun bereits 30 Minuten. Irgendwie möchte man immer wieder in den Fernseher schreien: „Bitte RTL! Haltet euch aus der Politik raus und macht, was ihr könnt! Kakerlaken an C-Promis verfüttern zum Beispiel!“
Besonders lustig wird es jedoch, sobald „Komiker“ Micky Eisenherz auftaucht. Wer ihn nicht kennt: Das ist der Typ, der die Gags fürs Dschungelcamp schreibt. RTL`s eigener Vollpfosten also. Dieser geht offensiv mit einem Kamerateam auf Wahlkampfveranstaltungen und stellt Fragen, die durchaus lustig sind. Niveau haben sie jedoch nicht.
Dass er dabei undercover arbeitet, bedeutet in diesem Fall: Er sagt nicht, dass er von RTL ist. Das wird alle zwei Minuten von einer Stimme aus dem Off hervorgehoben. Verständlich. Wer will schon mit jemanden von RTL sprechen? Jeder, der einmal auf der Gamescom war, wird wissen, dass es keine gute Idee ist.

Wahlkampfhelfer geht immer

Anschließend machen sich Redaktionsmitglieder daran, Wahlkampfhelfer zu werden. Versteckte Kamera läuft, was man will, wird geliefert. Mitglieder der Grünen nennen die SPD-Mitglieder „Idioten“ und bezeichnen sie als „unfähig“. Ihre Wähler nennen sie „Ökohippies“. Man hört fast die Freudenschreie der „Wahlkampf Undercover“- Redaktion.
Die gezeigten Bilder sind dabei perfekt für RTL-Zuschauer. FDPler bauen Wahlstände auf, äffen Wähler nach. Dass Wahlkämpfer oft beleidigt, übel angegangen werden und jeden Tag vieles ertragen müssen, bleibt außen vor.
Deutlich wird dies, als ein Opa im Rollstuhl daher kommt. RTL untertitelt dabei die verbalen Angriffe des Rentners. Man liest: „Ich hab von euch allen die Schnauze voll!“ Nett.
Der Herr der FDP am Stand reagiert gereizt, rät die Linken zu wählen. Der Opa lässt nicht locker und schimpft weiter.
Nun verurteilt die Stimme aus dem Off. Sie beschimpft zusammen mit dem Opa die Wahlkämpfer. Die Reporterin, die ebenfalls am Stand ist, spielt erschüttert. Entschuldigt sich sogar beim schimpfenden und fluchenden Opa für ihre angeblichen Kollegen. Diese haben nicht gekuscht, sondern sich gewehrt. Nicht Bürgernah also. Offensichtlicher geht es nicht.
Gut, dass nach 50 Minuten die Sendung endet. Erleichtert seufzend nimmt man wahr, dass nun Hangover 2 läuft. Ein Film über Drogen und Alkohol. Endlich! RTL ist wieder Zuhause.

Einen Blick in das neuste Projekt!

Die letzten Tage ging es bei uns viel um Politik. Merkel gegen Steinbrück und Wahlen im Allgemeinen. Und auch wenn man auch heute wieder etwas über die Debatte Ude gegen Seehofer (Gewinner: Keiner!) sagen könnte, wollen wir doch darauf verzichten.
Wir sind hier vielseitig, vielschichtig und auch ein bisschen doof. Und da es derzeit durchaus interessante Nebenbeschäftigungen gibt (Arbeit, Rome2) beschränken wir uns darauf, heute einen kleinen Auszug aus der literarischen Arbeit von Wolfgang Holzhauser zu posten. Dabei handelt es sich um das erste Kapitel seines neusten Buches. Viel Spaß!



Hat nichts mit dem Buch zu tun. (Wie jedes Cover!) ((Ist kein Cover))


Er hatte keine Zeit mehr. Von der Decke rieselnder Putz erinnerte ihn immer wieder daran, während das Dröhnen unablässig durch die Hallen vibrierte. Das Quiecken und Schreien der Diener war zu hören, als sie hektisch ihre letzten Befehle ausführten. Noch immer strömten sie aus den dunklen Tunneln, bewaffnet nur mit ihrem blanken Hass. Doch seine Krieger waren nutzlos geworden. Also konnte er sie genauso gut für etwas wichtiges verwenden. Sie mussten ihm Zeit erkaufen.
Hektisch blätterte er in dem dicken Buch, welches er über die Jahrhunderte selbst erweitert, verbessert und ergänzt hatte. Fast ehrfürchtig berührte er die Seiten, während gemurmelte Worte über seine Lippen kamen. So lange hatte er auf diesen Moment gewartet. Anfangs waren die Forschungen ein Zeitvertreib geworden. Doch die Welt hatte sich gewandelt, geformt und ihm nichts als Feindschaft beschert. Seine Verbündeten waren gefallen, einer nach dem Anderem. Und jetzt? Jetzt gab es nur noch ihn und die unendlichen Brutstätten, die noch vor 50 Zyklen jedes Lebewesen auf der Welt hatten erzittern lassen. Was waren sie heute noch wert?
Vor den Türen konnte man inzwischen das Scheppern von schwerem Metall vernehmen. Es waren hunderte, die sich einen blutigen Pfad durch die bereitwillig kämpfenden Diener schlugen. Ihre Waffen, Schreie und Befehle hallten in seinen Ohren wieder. Er hasste diese Wesen, die sich durch die Flure voranschoben. Bögen, Schwerter und Lanzen erhoben.
Mit der letzten Ruhe, die sein Körper noch empfinden konnte, sprach er die vollendenden Silben aus.
Es war ein Liedschlag, in dem nichts passierte. Doch dann kam sie. Kraft, unendliche Kraft. Altes Wissen, welches sich ihren Weg zurück in diese Welt bahnte. Lange verbannte Künste, die aus ihrem Winterschlaf erwachten. Es war gelungen. Das Tor erschaffen.
Hell wie der strahlendste Tag vibrierte es vor ihm in der Luft, wie ferne Objekte in den heißesten Stunden. Es bildete einen fast perfekten Kreis, der den milchigen Blick in eine mysteriöse Welt feilbot. Es war ein kleiner, weißer Raum ohne Lebewesen. Doch in der Ferne konnte er sie sehen. Es waren unzählige Schatten, die nur auf ihn warteten. Er hatte für neue Untertanen gebetet. Und seine Wünsche waren erhört worden. Schnell schickte er die letzten ihm verbliebenen Diener durch das wabernde Himmelsgebilde und hörte dabei das brechen der dicken Holztüren hinter sich.
Schreie und triumphierende Rufe drangen an sein Ohr, als er seinen letzten Anhängern durch das Tor hindurch folgte. Er würde wiederkommen. Und schreckliche Rache nehmen!

Die Straßen waren wie stets viel zu voll. Das so viele Menschen in eine einzige Stadt passen konnten, war für Steven auch nach 15 Jahren im Dienst noch immer ein Rätsel. Genauso, wie es möglich war, dass er kein Kilo Gewicht verlor! Jeden Tag, von 8 bis 6 war er auf den Straßen, lief auf ihnen hoch und wieder hinunter. Machte seine Runden und rannte hin und wieder sogar irgendwelchem Abschaum hinterher. Und doch war es so, dass er Abends in der Dusche an sich hinunter blickte, und dabei nur ahnen konnte, was zwischen seinen Beinen los war. Es war einfach frustrierend.
Er seufzte und lehnte sich gegen einen der roten Briefkästen, die inzwischen jedoch immer seltener wurden. Seine Frau hatte mal erzählt, dass es das Internet war, was die Briefe immer mehr verdrängte. Steven vermutete jedoch, dass es mehr die Dummheit der jüngeren Generationen war, die es einfach nicht für wichtig hielt, zu schreiben.
Was auch immer es war. Es war auf jeden Fall schade. Er wollte einfach nicht ein schwarzes Hackbrett in die Luft halten und dabei wie ein Affe auf die Mattscheibe starren. Verdammt nochmal! Was sprach gegen ein gutes Buch, was einem die langen Nächte versüßte, bis man endlich einschlief?
Steven zog sich seine Mütze vom Kopf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Blicke der vorbeiziehenden Passanten störten ihn schon lange nicht mehr. Sollten sie doch über das Klischee lachen! Fetter Cop. Sehr lustig!
Er kramte in seiner Hose herum, um etwas Kleingeld für einen Snack zu finden, als er plötzlich einen Schrei hörte, der aus einer Querstraße nicht weit entfernt erklang. Steven rannte los.

Es war interessant zu sehen, wie die Diener über die Verkaufsstände dieser komischen Wesen herfielen. Ausgehungert schnappten sich die vierbeinigen, muskulösen Wesen alles, was ihnen dienlich erschien. Besonders versessen waren sie dabei auf seltsame, längliche Stäbe, die in einer Art Brot zu stecken schienen. Immer wieder griffen sie gierig in diesen komischen Verkaufsladen, der auf Rädern durch die Gegend geschoben werden konnte. Etwas abseits davon stand ein lustig aussehendes Geschöpf.
Es war etwas kleiner als er selbst, aber deutlich höher gewachsen als die Diener. Fast wirkte es wie ein Mitglied des hochgeborenen Volkes. Doch nur fast. Es fehlt ihm die passende Anmut. Dieses … Ding, es wirkte eher wie ein Zwitter aus Bergvolk und Baumreich.
So streckten sich zwei Arme und zwei Beine aus einem Rumpf, fähig aufrecht zu gehen. Scheinbar war das Wesen intelligent. Zumindest deutete es immer wieder auf die Diener, die über den Stand herfielen. Es schien aufgebracht. Doch die Sprache war nicht zu verstehen. Vermutlich war es neidisch, eine so wohlgeborene Brut sein eigen nennen zu dürfen. Er verstand es und nickte dem seltsamen Wesen zu.

Die Szene war mehr als verstörend, als Steven schließlich keuchend um die Ecke bog. Zuerst wusste er nicht, was vor ihm geschah. Es sah fast so aus, als hätte eine Herde Affen einen Hotdog-Verkäufer überfallen und ausgeplündert.
Nein. Das waren keine Affen. Steven sah genauer hin und entdeckte ein weiteres paar Beine! Wie ein Hund oder ein Pferde standen diese Dinger auf vier Beinen! Und dazu hatten sie gewaltige, muskulöse Arme. Die benutzten diese komischen Dinger, um mühelos die dünne Aluminiumhülle des Verkaufswagens auseinander zu biegen, um an das Essen dahinter zu kommen. Der Verkäufer, ein Mann der höchstwahrscheinlich aus Osteuropa stammte, schrie einen Kerl in einem langen Mantel und weiter Kapuze wütend an. Als er jedoch den Polizisten sah, wand er sich an Steven.
 »Tun sie was! Die Kids beklauen mich! Der da«, der Verkäufer zeigte auf den Mantelträger »ist Anführer!«
Steven machte eine rasche Handbewegung, mit der er dem Verkäufer bedeuten wollte, sich zu beruhigen. Der schnappte kurz nach Luft und verschränkte anschließend seine Arme vor der Brust. So als wolle er abwarten, was der Ordnungshüter nun anstellen wollte.
Der dicke Polizist bewertete das nur mit einem knappen Schnauben und griff anschließend an sein Funkgerät, um Hilfe anzufordern. Was auch immer das hier war, er würde es nicht allein geregelt bekommen.
Steven sah zu den Affen … Dingern. Vielleicht sollte er auch noch einen Tierfänger rufen.

Ein weiteres Wesen kam, um ihn zu begrüßen. Es war offensichtlich, dass es mit dem Ersten verwandt war. Auch wenn die Ähnlichkeit nicht sofort auffiel. Vielmehr war das Zweite massiv, groß und gut genährt. Dazu trug es eine schwarze Kleidung, die sehr wie eine militärische Uniform aussah. Das war interessant. Ganz offensichtlich hatten die Stämme dieser Welt bereits ein Ordnungssystem eingeführt. Das war erfreulich. Es ersparte Arbeit.
Das große Orching, er hatte angefangen sie so zu nennen, kam näher. Seine Bewegungen waren langsam, bedacht und wirkten kontrolliert. Ja, fast gehemmt. Aber er konnte sich auch täuschen. Vielleicht war das bei den Orching normal?
Er brauchte einen besseren Namen für diese Dinger.

»Ganz ruhig Kumpel …« Steven ging langsam auf den komischen Kauz zu, dessen Gesicht noch immer unter dieser lächerlich weiten Kapuze versteckt war. Der Typ konnte ihn doch nicht einmal sehen!
»Du und eine Freunde. Ihr hört jetzt auf mit dem Quatsch und gebt mir eure Personalien!« Steven deutete auf die Affendinger, die inzwischen aufgehört hatten über den Wagen herzufallen. Stattdessen standen sie auf ihren vier Pfoten und warteten ab. So konnte der Polizist einen kurzen Blick auf sie werfen. Dabei suchte er nach Reisverschlüssen oder anderen Einstiegshilfen.
Aber … diese Kostüme waren wirklich toll gemacht. Bestimmt waren das irgendwelche Spinner vom Fernsehen, die für viel Geld wieder eine »Verarsch-die-Leute-Show« produzierten. Wie er sowas hasste!

Ganz offensichtlich war das Wesen ein Clanherr. Seine Stimme war deutlich und nicht so schwankend wie die des ersten Trolls …
Nein, der Name gefiel ihm auch nicht. Zwar hatten diese Dinger eine gewisse Ähnlichkeit mit den vor langer Zeit ausgerotteten Trollen. Das konnte niemand abstreiten. Doch ihre Arme waren zu kurz. Und ihr Geruch deutlich angenehmer.
Das Ding war inzwischen langsam näher gekommen. Argwöhnisch betrachtete es die Diener, die einen vertrauten Gesichtsausdruck machten. Sie hatten schon wieder Hunger.

Das leise Knurren dieser Dinger ließ Steven immer mehr daran zweifeln, dass es sich bei ihnen um mehrere Liliputaner in einem Kostüm handelte. Vielmehr wirkten sie inzwischen wie Hunde. Einfach unheimlich.
Die Finger seiner rechten Hand wanderten an den Holster der schwarzen Pistole an seinem Gurt, während er einen weiteren Schritt nach vorne machte. Mit einer energischen Geste deutete er auf den Kapuzenträger.
 »Das ist nicht mehr lustig! Habt ihr hierfür überhaupt eine Genehmigung?! Ihr Freaks lasst diesen Bullshit und zeigt mir jetzt eure Ausweise! Sofort!«
 »Genau! Und dann bezahlt ihr mir meinen …« Der Händler, von Stevens Worten ermutigt, machte einen Schritt nach vorne. Wütend deutete er auf seinen demolierten Hotdog-Stand. Doch damit erweckte er auch das Interesse der komischen Affenwesen. Sie sprangen auf und rannten. Einen Augenblick später stürzten sich bereits auf den Verkäufer und das Chaos brach aus.

Dumme, gierige Wesen! Sie versauten ihm noch seinen ganzen Auftritt!
Naja … Eigentlich war es auch irgendwie seine Schuld. Die Diener waren, was sie waren. Er hatte sie immerhin so geschaffen. Warum also ärgern? Und wen kümmerte es, dass einer der Unteren dieser komischen Orklinge – ja, das klang gut – Orklinge als Futter diente. Von ihnen gab es wohl genug. In der Ferne waren ganze Scharen dieser Wesen zu finden. Wen kümmerte es, was mit einem von ihnen geschah? Auch wenn seine Schreie fürchterlich wehleidig klangen. Fast wie Vieh, welches in die Gruben geworfen wurde.
Er breitete seine Arme aus und umklammerte seinen Stab fester, mit dem er nun zweimal fest auf den Boden klopfte. Dann sah er zu dem Clanführer, der zitternd dastand und mit einem schwarzen Kasten auf ihn deutete. Offensichtlich hatte ihn das Geschehen erregt. Zogen diese Wesen sexuelle Stimulation aus Gewalt? Wie wunderbar! Diese Welt war wirklich genau das, was er sich erhofft hatte!
Er ging auf den Clanführer zu und schlug im gehen seine Kapuze zurück.
 »Begrüße deinen neuen Herren!«

Steven schrie laut auf, als er den eingefallenen, blassen Schädel sah. Eine ganz dünne Hautschicht klebte an ihm und einige strähnige Haare hingen fast willkürlich auf dem unförmigen Schädel. Die Augen waren nicht mehr als zwei schwarze Löcher, die jedes Licht zu verzehren schienen. Es war schlimmer als jeder Horrorfilm!
 »Fuck! Bleib stehen du Wichser!« Er umklammerte den Griff der Pistole immer fester und versuchte sich auf sein Training zu konzentrieren. Es fiel ihm schwer, da im Hintergrund das schwache Gurgeln des Ladenverkäufers zu hören war, auf dem noch immer diese seltsamen Affen saßen. Wo blieb nur die Verstärkung?!

»Kniee und huldige mir, denn ich der Herr!« Er ging weiter auf den Orkling zu. Dabei ergötzte ihn der fast schon geile Blick dieses Wesen, der immer wieder von den Dienern zu ihm zurück zuckte. Noch nie war er so begrüßt worden! Es war fast so als …

Steven schoss. Laut peitschte das Geräusch der Waffe durch die Gasse und ließ die Passanten neugierig zu ihnen herüberblicken. Doch der Polizist hatte kein Auge für sie. Er war komplett auf den skelettartigen Typen konzentriert, der nun schwankend stehen geblieben war. Seine langen Finger tasteten über eine Stelle des dunklen Mantels. Offensichtlich war er getroffen worden, auch wenn Steven nichts erkennen konnte. Er schrie erneut.
 »Auf den Boden du Motherfucker! Und ruf deine Affen zurück!«

Erstaunt sah er zu dem Clanführer und seiner kleinen Waffe. Es war nun offensichtlich, dass das schwarze Objekt ein Kriegsgerät war. Er hatte nicht gesehen was passiert war, aber eines war klar: Irgendetwas hatte ihn getroffen. Er knurrte böse. Diesem Insekt fehlte es an der nötigen Disziplin!
Er erhob seinen Stab und beschwor einen Strom aus Feuer in seiner linken Hand.

»Auf den Boden du Bastard!« Steven schüttelte verzweifelt den Kopf, als er diesen Typ betrachtete:
Wild mit den Armen wedelnd hob er seinen Stab über den Kopf und zischte dabei wie eine Schlange. Es schien wie ein Ritual, welches damit endete, dass einer der langen Finger auf Steven deutete. Er machte einen Schritt zurück und sah dabei kurz zu den Affenmonstern. Sie hatten inzwischen von dem Verkäufer abgelassen und kamen langsam auf ihn zu. Ihre Arme und Mäuler waren Blutverschmiert. Und hunderte Zähne blitzten bedrohlich auf. Verzweifelt rief Steven um Hilfe, während der Verrückte vor ihm zu tanzen schien.

Verzweifelt versuchte er seine Macht zu kanalisieren, sie mit den Energieströmen dieser Welt zu vereinen … Doch es brachte nichts. Es fühlte sich an, als würde er versuchen einen Felsen zu melken. Diese Welt … sie war leblos! Ohne jeden Funken und Magie! Ausgedörrt, wie ein Leichnam in den trockensten Wüsten!
Er betastete seine Wunde, die schrecklich brannte und all seine Energie verbrauchte. Er würde sie nicht heilen können! Er … hatte nur seinen Stab.
Steven schoss wieder. Diesmal waren es drei Patronen die in kurzen Abständen auf den Verrückten niedergingen. Sie waren nicht dafür gedacht, den Mann zu behindern. Nein. Vielmehr war ihr Sinn, den Verrückten aufzuhalten, der sich kreischend auf ihn stürzen wollte.
Der Typ kam keine zwei Meter weit, bevor er leblos zusammensackte und den Polizisten keuchend zurückließ. Steven hatte noch nie einen Menschen erschossen. Es war schrecklich.
Doch er hatte keine Zeit zu trauern. Wild schreiend stürzten sich die Affenmonster auf ihn, darauf aus, ihren Freund zu rächen.

Merkel labert – Steinbrück sympathischer

Keine Sieger im Duell.  Quelle: T-Online.de

War das Rededuell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kandidat Peer Steinbrück nun wirklich das erwartete, heiße Duell? Wer hat gewonnen? Wird das Duell die Wahlen in gut drei Wochen verändern?
Es sind viele Fragen, die die Journalistenschar in Berlin am Sonntagabend in den Raum werfen. Antworten sollen  ihnen Politiker von SPD und CDU geben, welche natürlich die Chance nutzen und ihre Kandidaten zum Sieger ausrufen. Es ist der Versuch, gedruckte Meinungen zu beeinflussen, damit Morgen all die über das TV-Duell lesen können, die es nicht gesehen haben. Was ihnen entgangen ist? Eine defensive Bundeskanzlerin und ein sympathischer, aber zu blauäugiger Kanzlerkandidat.


Angela Merkel wirkte an diesem Abend dabei meist fahrig, genervt und stellenweise gar aggressiv. Der Kanzlerin war anzusehen, dass sie sich im direkten Duell mit ihrem Gegenspieler Peer Steinbrück nicht wohlfühlte. Immer wieder fiel sie auf langatmige, auswendig gelernte Antworten zurück. Dass sie meist an den Fragen vorbei redete, schien der Bundeskanzlerin dabei herzlich egal zu sein. Offensive Vorstöße des SPD-Spitzenkandidatens konterte sie mit bösen Blicken, herablassendem Mundwinkelzucken und einigen bösartigen Spitzen. Kritische Nachfragen der Moderatoren Stefan Raab und Anne Will ignorierte sie dabei meist. Eher ließ sich Merkel davon nicht einmal aufhalten. Vielmehr erhob sie ihre Stimme einfach lauter und redete ununterbrochen weiter. Dass ihre Redezeit dabei die ihres Gegenkandidaten um weiten überragte, war das klare Resultat. Besonders deutlich wurde es, als die Frage nach Abgeordnetengehälter aufkam. „Ich will das mit einer einfachen Antwort würdigen, damit ich später noch mehr Redezeit habe“, sagte Merkel mit einem süffisanten Lächeln zu Peer Steinbrück. Der hatte die Antwort zuvor sofort von sich weggeschoben. Die „kurze Antwort“ der Kanzlerin dauerte anschließend noch fast drei Minuten.

Zwischen Arbeit, Soziales und Datenschutz

Thematisch äußerten sich die Kandidaten während des Duells über die komplette Bandbreite des Wahlkampfes. Mindestlohn, Sozialsysteme und Datenschutz waren wichtige Themen. Zu konkreten Aussagen zu kommen war jedoch vor allem das Problem von Kanzlerin Merkel. Ihr Gegenspieler Steinbrück nutzte diese Passivität gekonnt, sprach von „Geisterbahnen“, welche Menschen Angst machen sollen. Er kritisierte einen fehlenden Mindestlohn, welcher vielen Menschen helfen könnte. Der „Flickenteppich“ (Steinbrück), der Tarifparteien in Deutschland sei ein großer Fehler und gegen die Menschen.
Diese Aussage konterte Kanzlerin Merkel mit einer langatmigen Antwort welche am Ende klang wie „Wir können es nicht besser.“ Bittere Momente für Machtpolitikerin Merkel.

Wie ein Dobermann an Steinbrücks Kehle

Doch die Kanzlerin ist hart im nehmen. Ihren Ruf als überlegende, kühle Politikerin zeigte sich, als Peer Steinbrück einen großen Fehler begann. Es ging um das Thema Pensionen. Also den besseren Renten für Amtsträger und Beamte. Diese bezeichnete Kandidat Steinbrück als „zu hoch“ und „reif für eine Überarbeitung“.
Das war die Stunde der Angela Merkel. Ihre Augen funkelten, der Blick ging zu ihrem Gegenspieler. Die Hände ausgefaltet auf ihn deutend lächelt sie. „Nun sollen alle Polizisten, Feuerwehrleute und andere hart arbeitende, zukünftige Pensionäre aufpassen.“ Gemeint ist damit: „Hey, schaut her. Der will euer Geld.“ – Volltreffer.


Raab der Triumphator

Doch das war eigentlich der einzige Fehler von Peer Steinbrück. Mehr hätte er wohl auch nicht überstanden. Dass es zu nichts Schlimmeren kam, war auch Moderator Stefan Raab zu verdanken. Er war ein Gegenpol, kritischer Fragensteller, Gesprächsleiter und eine willkommene Abwechslung. Der, der hier vorher spöttisch „ProSieben-Dödel“ genannt wurde, triumphierte über seine drei Kollegen. Nur eine überraschend bissige, scharfzüngige und überlegte Anne Will schaffte es, mit ihm mitzuhalten. Die hier zuvor gelobte Maybrit Illner und Peter Kloeppel waren nur Beiwerk und hätten eigentlich auch Backstage bleiben können. Klar durchgefallen!
Steinbrück und Raab lieferten sich während dem Schweigen der stillen „Journalisten“ jedoch spannende Wortgefechte. Teilweise verbündeten sich beide sogar, um Antworten aus Angela Merkel herauszuholen. Und es gelang.
„Mit mir wird es keine PKW-Maut geben“, ruft die Kanzlerin so trotzig in das Studio. Raab lacht. „Na endlich! Das wäre auch schneller gegangen!“ Und er hat recht. Die Kanzlerin hatte zuvor über das Thema fast zehn Minuten gesprochen. Ohne eine klare Antwort. Es sind diese Momente, die Kanzlerin Merkel als Verliererin brandmarken. Fast beschämt schaut die Machtpolitikerin zu Boden. War das etwa so nicht angesprochen gewesen?

Ehrlichkeit? Ist das wirklich gut?

Das Geld ist weg. Das sagt Peer Steinbrück an diesem Abend durch die Blume. Es geht um Griechenland. Rettungsschirme, Bankenrettungen. Merkel spricht und spricht. Ihre Redezeit ist inzwischen so lang, dass Moderatoren sie immer wieder ausbremsen müssen. Die Antworten ihres Gegenspielers sind knapp, aggressiv und oft auf angriff gepolt.
Dabei ist Steinbrück, das, was der Hamburger immer versucht zu vermitteln: ehrlich. Oder zumindest wirkt es so. Oft hört man: „Das weiß ich jetzt nicht“ oder „dazu werde ich jetzt nichts sagen“. Das bringt ihn oft in Probleme. Thematisch zeigte er vor allem Schwächen, als er sich beim Thema Renten verrannte und von der Kanzlerin dafür ohne Gnade entbeint wurde.


Rock it Peer!

Er wollte das Duell „Rocken“. Das sagte Steinbrück vor dem TV-Duell. Zwar gelang das nicht total, jedoch schon ganz gut. Vom laufenden Fettnäpfchen war nichts zu sehen. War es jedoch der große Wurf? Wohl nicht.
Der Herausforderer war präziser, schärfer und vor allem auf dem Punkt. Dadurch, dass Kanzlerin Merkel sogar dies nicht gelang, wirkte Steinbrück meist angenehmer für den Zuhörer. Er dominierte die als Königin auftretende Kanzlerin der „alles ist gut“-Partei über weite Strecken. Dennoch gelang ihm zu keinem Zeitpunkt die angekündigte Rock-Party. Es war eher ein nettes Pop-Konzert.



Sieger? Neeeee!

Am Ende ist es das, erwartete, seichte Unentschieden. Weder Steinbrück und Merkel konnten im TV-Duell einen Sieg verbuchen. Zwar sprach vieles für den Kandidaten der SPD, doch dieser konnte die Kanzlerin nie selten spürbar in die Schranken weisen. Und wenn es gelang, half ihm Entertainer Stefan Raab dabei.
Unentschlossene Wähler werden wohl kaum Nährwert aus dem TV-Duell ziehen können. Merkel vertrat klassische CDU Punkte, Steinbrück Themen der SPD. Der Abend hatte seine Höhepunkte, bot jedoch am Ende nur Standardkost. Die Wahl wird er nicht entscheiden. Diese Aufgabe wird am Ende bei der FDP und den Grünen liegen. Und natürlich vor allem beim Wähler. 
by Wolfgang

Ein wertloses Duell




Heute Abend um 20.30 Uhr bimmelt die große Glocke für den wohl ersten und letzten großen Kampf zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück. Die Arena ist in diesem als „Schlagabtausch“ angepriesenen Rededuell das heimische Wohnzimmer. Beide Konkurrenten um die Kanzlerschaft in der Bundesrepublik treten im TV-Duell gegeneinander an und versuchen sich mit schlauen Antworten auszustechen. Die passenden Fragen, oder auch Vorlagen, kommen von vier Moderatoren, von denen sich drei ganz öffentlich als Journalisten bezeichnen. In Wirklichkeit sind sie jedoch genau das, was der Vierte im Bunde schon immer als Beruf angibt: Moderatoren. Ihr Job ist es, zu unterhalten. Kritische Fragen dürften nur die Wenigsten stellen. Ein Blick auf die Personen, die die Vorlagen geben.

Peter Kloeppel

Kloeppel ist das selbstverliebte Nachrichten-Gesicht vom Schmuddelsender RTL. Er steht für eine aufgesetzte Seriosität, mit der der Sender zumindest oberflächlich seinen Anspruch auf den Bildungsauftrag erhalten möchte. Kloeppel ist beim TV-Duell ein alter Hase und war bisher immer dabei. Als kritische Stimme fiel er dabei jedoch nie auf. Vielmehr wirkt er chronisch überfordert. Da hilft ihm auch kein Grimmepreis. Vielmehr ist die Auszeichnung ein Brandmal für einen Menschen, der viel zu sehr im Boulevard-Sumpf steckt, um wirklich einen Unterschied zu machen. Peter Kloeppel ist nur so gut, wie die Fragen, die ihm seine Redaktion auf die kleinen Merkkärtchen schreibt. Und diese haben Merkel wie Steinbrück dieses Mal ja eh vorab bekommen.

Maybrit Illner

Eigentlich möchte man der Illner Vieles vorhalten. Vor allem ihre langweilige Talkshow, die sich stets im untereren Mittelfeld der Qualitätsskala bewegt. Doch die toughe Frau, die ihre Ursprünge im DDR-Fernsehen hat, darf man nicht unterschätzen. Eigentlich ist sie sogar die schärfste Waffe in der Runde und die wohl einzige Person in der farblosen Runde, die das Prädikat „Journalist“ verdient hat. Sie ist nicht gefällig und überzeugt unter anderem auch durch ihre Vielseitigkeit. Selbst die Süddeutsche Zeitung lobte Maybrit Illner für ihre Potenzial, „Zündstoff“ in das bereits als sinnlos abgehakte Duell zu bringen.
Neben Stefan Raab dürfte sie, sofern die straffen Leinen des hauptsächlich als Werbung dienenden Duells nicht zu kurz sind, wirklich Spannung in die Debatten bringen. Es bleibt zu hoffen, dass Illner sich trauen wird, von vorgefertigten Fragen abzukehren. Wenn nicht, ist sie nicht besser als ihre Kollegen.

Anne Will

Mit Anne Will steuert die Debatte dagegen in Richtung Spießbürgertum ab. Die Moderatorin ist erfahren, hat viele Talkshows, die vor allem mit Markus Lanz konkurrieren müssen. Dass Will sogar gegen den Gottschalk-Ersatz oft alt aussieht, spricht für ihre Art, sogar spannende Themen zu Schlaftabletten zu machen. Für die Zuschauer kann man nur hoffen, dass sie nur selten in Erscheinung tritt. Will ist eine Vertreterin des alten Fernsehens, welches immer mehr ausstirbt. Dabei ist sie hauptsächlich, damit Rentner sich nicht auf ein neues Gesicht einstellen müssen. Journalistisch ist Anne Will jedoch bisher nicht wirklich in Erscheinung getreten. Vielmehr ließ sie sich in der Vergangenheit sowohl von Peer Steinbrück und vor allem Angela Merkel ziemlich abspeisen. Nicht selten stand Will als die Verliererin dar, obwohl sie sich eigentlich als zweite Maybrit Illner inszenieren wollte. Dass sie am Ende mit dem TV-Duell beauftragt wurde, ist für die biedere Fernsehmoderatorin jedoch ein Erfolg. Vielleicht erweist sie sich jedoch ihrem 2007 erhaltenen Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis (für Fernsehjournalisten) für würdig. Es wäre eine positive Überraschung.

Stefan Raab


Es wirkt komisch, Stefan Raab und seriösen Journalismus in einem Satz zu nennen. Und das ist es auch. Mister ProSieben hat den Ruf, aus Kot noch Gold zu machen. Er belebte den Songcontest, brachte ein unmusikalisches, aber süßes Mädchen sogar auf Europas Musikthron. Mit „TV Total“ ist er erfolgreich und bedient erfolgreich den Bereich des Humors unter der Schublade. Raab ist der Spezialist für große Auftritte und flache Witze. Der ehemalige Fleischer ist die Goldgrube des privaten Fernsehens. Ihm folgen vor allem die jüngeren Generationen, die von komplexeren Formaten überfordert sind. Verarsche, Bloßstellung und flächendeckende Idiotie sind die Meisterschaften des Kölners. Man muss ihn nicht mögen.
Dennoch ist Raab jedoch auch eine Hoffnung für die Politik. So mancher möge nun traurig mit dem Kopf schütteln, doch der Quotendödel könnte die angestaubte Politik für die Jugend neu beleben. Dass er selbst keinerlei Erfahrung hat, spielt keine große Rolle. Vielmehr hat der Wok-Rodler mehr Potenzial, als ein Peter Kloeppel oder eine Anne Will. Das liegt schon daran, dass ihm die Arroganz fehlt, welche seinen Mitspielern fast schon angeboren wirkt. Raab kündigte dazu an, gerne vom Plan abzuweichen. Wenn ihm das gelingt, könnte er für mehr Brände sorgen, als selbst Maybrit Illner verursachen würde. Der Mann von ProSieben kann nur gewinnen. Niemand erwartet von ihm mehr, als die Luft im Studio zu verbrauchen.