Ein wertloses Duell




Heute Abend um 20.30 Uhr bimmelt die große Glocke für den wohl ersten und letzten großen Kampf zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück. Die Arena ist in diesem als „Schlagabtausch“ angepriesenen Rededuell das heimische Wohnzimmer. Beide Konkurrenten um die Kanzlerschaft in der Bundesrepublik treten im TV-Duell gegeneinander an und versuchen sich mit schlauen Antworten auszustechen. Die passenden Fragen, oder auch Vorlagen, kommen von vier Moderatoren, von denen sich drei ganz öffentlich als Journalisten bezeichnen. In Wirklichkeit sind sie jedoch genau das, was der Vierte im Bunde schon immer als Beruf angibt: Moderatoren. Ihr Job ist es, zu unterhalten. Kritische Fragen dürften nur die Wenigsten stellen. Ein Blick auf die Personen, die die Vorlagen geben.

Peter Kloeppel

Kloeppel ist das selbstverliebte Nachrichten-Gesicht vom Schmuddelsender RTL. Er steht für eine aufgesetzte Seriosität, mit der der Sender zumindest oberflächlich seinen Anspruch auf den Bildungsauftrag erhalten möchte. Kloeppel ist beim TV-Duell ein alter Hase und war bisher immer dabei. Als kritische Stimme fiel er dabei jedoch nie auf. Vielmehr wirkt er chronisch überfordert. Da hilft ihm auch kein Grimmepreis. Vielmehr ist die Auszeichnung ein Brandmal für einen Menschen, der viel zu sehr im Boulevard-Sumpf steckt, um wirklich einen Unterschied zu machen. Peter Kloeppel ist nur so gut, wie die Fragen, die ihm seine Redaktion auf die kleinen Merkkärtchen schreibt. Und diese haben Merkel wie Steinbrück dieses Mal ja eh vorab bekommen.

Maybrit Illner

Eigentlich möchte man der Illner Vieles vorhalten. Vor allem ihre langweilige Talkshow, die sich stets im untereren Mittelfeld der Qualitätsskala bewegt. Doch die toughe Frau, die ihre Ursprünge im DDR-Fernsehen hat, darf man nicht unterschätzen. Eigentlich ist sie sogar die schärfste Waffe in der Runde und die wohl einzige Person in der farblosen Runde, die das Prädikat „Journalist“ verdient hat. Sie ist nicht gefällig und überzeugt unter anderem auch durch ihre Vielseitigkeit. Selbst die Süddeutsche Zeitung lobte Maybrit Illner für ihre Potenzial, „Zündstoff“ in das bereits als sinnlos abgehakte Duell zu bringen.
Neben Stefan Raab dürfte sie, sofern die straffen Leinen des hauptsächlich als Werbung dienenden Duells nicht zu kurz sind, wirklich Spannung in die Debatten bringen. Es bleibt zu hoffen, dass Illner sich trauen wird, von vorgefertigten Fragen abzukehren. Wenn nicht, ist sie nicht besser als ihre Kollegen.

Anne Will

Mit Anne Will steuert die Debatte dagegen in Richtung Spießbürgertum ab. Die Moderatorin ist erfahren, hat viele Talkshows, die vor allem mit Markus Lanz konkurrieren müssen. Dass Will sogar gegen den Gottschalk-Ersatz oft alt aussieht, spricht für ihre Art, sogar spannende Themen zu Schlaftabletten zu machen. Für die Zuschauer kann man nur hoffen, dass sie nur selten in Erscheinung tritt. Will ist eine Vertreterin des alten Fernsehens, welches immer mehr ausstirbt. Dabei ist sie hauptsächlich, damit Rentner sich nicht auf ein neues Gesicht einstellen müssen. Journalistisch ist Anne Will jedoch bisher nicht wirklich in Erscheinung getreten. Vielmehr ließ sie sich in der Vergangenheit sowohl von Peer Steinbrück und vor allem Angela Merkel ziemlich abspeisen. Nicht selten stand Will als die Verliererin dar, obwohl sie sich eigentlich als zweite Maybrit Illner inszenieren wollte. Dass sie am Ende mit dem TV-Duell beauftragt wurde, ist für die biedere Fernsehmoderatorin jedoch ein Erfolg. Vielleicht erweist sie sich jedoch ihrem 2007 erhaltenen Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis (für Fernsehjournalisten) für würdig. Es wäre eine positive Überraschung.

Stefan Raab


Es wirkt komisch, Stefan Raab und seriösen Journalismus in einem Satz zu nennen. Und das ist es auch. Mister ProSieben hat den Ruf, aus Kot noch Gold zu machen. Er belebte den Songcontest, brachte ein unmusikalisches, aber süßes Mädchen sogar auf Europas Musikthron. Mit „TV Total“ ist er erfolgreich und bedient erfolgreich den Bereich des Humors unter der Schublade. Raab ist der Spezialist für große Auftritte und flache Witze. Der ehemalige Fleischer ist die Goldgrube des privaten Fernsehens. Ihm folgen vor allem die jüngeren Generationen, die von komplexeren Formaten überfordert sind. Verarsche, Bloßstellung und flächendeckende Idiotie sind die Meisterschaften des Kölners. Man muss ihn nicht mögen.
Dennoch ist Raab jedoch auch eine Hoffnung für die Politik. So mancher möge nun traurig mit dem Kopf schütteln, doch der Quotendödel könnte die angestaubte Politik für die Jugend neu beleben. Dass er selbst keinerlei Erfahrung hat, spielt keine große Rolle. Vielmehr hat der Wok-Rodler mehr Potenzial, als ein Peter Kloeppel oder eine Anne Will. Das liegt schon daran, dass ihm die Arroganz fehlt, welche seinen Mitspielern fast schon angeboren wirkt. Raab kündigte dazu an, gerne vom Plan abzuweichen. Wenn ihm das gelingt, könnte er für mehr Brände sorgen, als selbst Maybrit Illner verursachen würde. Der Mann von ProSieben kann nur gewinnen. Niemand erwartet von ihm mehr, als die Luft im Studio zu verbrauchen. 

Keine Kommentare on "Ein wertloses Duell"

Leave a Reply