Wahlkampf Undercover


Geschmeidig flaniert RTL Mann Peter Kloeppel durch eine nichtssagende Straße. Ihm geht es gut. Gerade hat er im Kanzlerduell bewiesen, was er kann. Im Anzug kommt er daher. Nächste Szene: Kloeppel steht nun am Bahnhof. Er plappert irgendwas von CDU, SPD, FDP und Wahlkampf. Man spitzt die Ohren. Etwas schämt man sich dabei, beim Schmuddelsender gelandet zu sein. Aber ok. Was soll`s. Man will auch einem schwächeren Kind dieselbe Aufmerksamkeit schenken. Es hat es sich genau wie die großen auf dem Spielplatz verdient. Und irgendwie wirkt Kloeppel derzeit auch besonders liebesbedürftig.
Außerdem: Bei aller Fairness, er wirkt auch nur im Vergleich zu Kollegen anderer Sender wie eine Lusche. Im RTL Verbund ist er unangefochten der beste Mann.
Also, um was geht es hier eigentlich? Verwackelte Aufnahmen, schlechter Ton, wenig Auflösung. Aha. Versteckte Kamera. Oder das, was man glauben soll. Sehr nett. Diesmal im Visier der RTL-Profis: die Politik.
Die Sendung lautet Wahlkampf Undercover. Gemeint ist damit, dass RTL irgendwelche Hänschen und Peterchen mit Kameras und Mikros ausgerüstet hat. Diese hat man zu Wahlkampfveranstaltungen geschickt, um Politiker privat zu sehen. Es ist schnell zu erkennen, worum es geht: Politiker privat, die gerne mal einen Wähler verhöhnen. Stimmung machen. Wie es RTL selbst auch immer gerne macht.

Sogar für RTL ein Tiefpunkt

Die Sendung läuft nun bereits 30 Minuten. Irgendwie möchte man immer wieder in den Fernseher schreien: „Bitte RTL! Haltet euch aus der Politik raus und macht, was ihr könnt! Kakerlaken an C-Promis verfüttern zum Beispiel!“
Besonders lustig wird es jedoch, sobald „Komiker“ Micky Eisenherz auftaucht. Wer ihn nicht kennt: Das ist der Typ, der die Gags fürs Dschungelcamp schreibt. RTL`s eigener Vollpfosten also. Dieser geht offensiv mit einem Kamerateam auf Wahlkampfveranstaltungen und stellt Fragen, die durchaus lustig sind. Niveau haben sie jedoch nicht.
Dass er dabei undercover arbeitet, bedeutet in diesem Fall: Er sagt nicht, dass er von RTL ist. Das wird alle zwei Minuten von einer Stimme aus dem Off hervorgehoben. Verständlich. Wer will schon mit jemanden von RTL sprechen? Jeder, der einmal auf der Gamescom war, wird wissen, dass es keine gute Idee ist.

Wahlkampfhelfer geht immer

Anschließend machen sich Redaktionsmitglieder daran, Wahlkampfhelfer zu werden. Versteckte Kamera läuft, was man will, wird geliefert. Mitglieder der Grünen nennen die SPD-Mitglieder „Idioten“ und bezeichnen sie als „unfähig“. Ihre Wähler nennen sie „Ökohippies“. Man hört fast die Freudenschreie der „Wahlkampf Undercover“- Redaktion.
Die gezeigten Bilder sind dabei perfekt für RTL-Zuschauer. FDPler bauen Wahlstände auf, äffen Wähler nach. Dass Wahlkämpfer oft beleidigt, übel angegangen werden und jeden Tag vieles ertragen müssen, bleibt außen vor.
Deutlich wird dies, als ein Opa im Rollstuhl daher kommt. RTL untertitelt dabei die verbalen Angriffe des Rentners. Man liest: „Ich hab von euch allen die Schnauze voll!“ Nett.
Der Herr der FDP am Stand reagiert gereizt, rät die Linken zu wählen. Der Opa lässt nicht locker und schimpft weiter.
Nun verurteilt die Stimme aus dem Off. Sie beschimpft zusammen mit dem Opa die Wahlkämpfer. Die Reporterin, die ebenfalls am Stand ist, spielt erschüttert. Entschuldigt sich sogar beim schimpfenden und fluchenden Opa für ihre angeblichen Kollegen. Diese haben nicht gekuscht, sondern sich gewehrt. Nicht Bürgernah also. Offensichtlicher geht es nicht.
Gut, dass nach 50 Minuten die Sendung endet. Erleichtert seufzend nimmt man wahr, dass nun Hangover 2 läuft. Ein Film über Drogen und Alkohol. Endlich! RTL ist wieder Zuhause.

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